Im 80. Gedenkjahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung vom nationalsozialistischen Regime werfen wir mit unserem Musikprojekt Braun! Schweig! einen eindringlichen Blick auf ein kaum bekanntes Kapitel der Geschichte: die Propagandaband Charlie and His Orchestra, die im Auftrag von Joseph Goebbels Jazz als Werkzeug der Manipulation einsetzte.
Mit unserer musikalischen Wiederbelebung dieser Band möchten wir nicht nur einen Blick auf die historischen Hintergründe werfen, sondern auch eine tiefere Auseinandersetzung mit der Frage anregen, wie Musik und Kultur instrumentalisiert werden können. Gerade heute, 80 Jahre nach der Befreiung, ist es wichtiger denn je, sich mit der Macht der Propaganda und den Mechanismen der Manipulation auseinanderzusetzen.
Die Erinnerung an die dunkelsten Kapitel der Geschichte lebt nicht nur durch Gedenkfeiern, sondern auch durch die kritische Auseinandersetzung mit den Mitteln und Methoden, die das nationalsozialistische Regime einsetzte. Musik, oft als Ausdruck von Freiheit und Kreativität verstanden, wurde im Dritten Reich zu einem perfiden Propagandainstrument umfunktioniert.
Mit Braun! Schweig! möchten wir zeigen, wie subtil und wirkmächtig solche Mechanismen sein können – und warum es so wichtig ist, diesen Aspekten der Geschichte bewusst zu begegnen.
Mit diesem Projekt machen wir Musik zu einem Medium der Reflexion: Die Melodien und Arrangements von damals werden auf der Bühne lebendig, doch anstatt Propaganda zu verbreiten, eröffnen sie einen Dialog über Vergangenheit und Gegenwart.
Wir laden Sie ein, sich mit uns auf eine musikalisch-historische Reise zu begeben, die zeigt, wie eng Kultur und Politik verknüpft sind – und warum die Freiheit der Kunst ein hohes Gut bleibt, das wir schützen und verteidigen müssen.
Charlie and His Orchestra war eine der ungewöhnlichsten Propaganda-Aktionen des Dritten Reichs. Die Band, mit dem Segen von Joseph Goebbels, spielte umgetextete Jazz-Standards, die im Radio ausgestrahlt wurden, um die Moral der Alliierten während des Zweiten Weltkriegs zu untergraben.
Obwohl Jazz in Deutschland als »entartete« Musik verboten war, wurde sie für diese Propagandazwecke verwendet.
Während das NS-Regime in Deutschland Jazz verbot und als "Dschungelmusik" diffamierte, wurde die gleiche Musik im Ausland als Werkzeug gegen die Alliierten eingesetzt. Im Auftrag von Goebbels sendete der Deutsche Kurzwellensender englischsprachige Nachrichten und Musik, um die britische und amerikanische Bevölkerung zu beeinflussen.
Um den Alliierten besser zu gefallen, wurden Broadway-Hits und Swing-Standards gespielt – allerdings mit neu geschriebenen, hasserfüllten Texten.
Die Leitung der Band übernahm der Beamte des Propagandaministeriums Karl "Charlie" Schwedler, während der Saxophonist Ludwig "Lutz" Templin das Orchester musikalisch führte.
Die Band bestand aus etwa 15 renommierten Musikern, darunter der Schlagzeuger Fritz "Freddie" Brocksieper und der Trompeter Charly Tabor. Trotz der linientreuen Führung versuchten viele Musiker, ihre eigentliche Passion für Jazz in der Musik zu bewahren.
Unter der Leitung von Schwedler wurden die Originaltexte berühmter Jazz-Songs umgeschrieben, um die Nazi-Ideologie zu verbreiten. Besonders Winston Churchill war Ziel vieler Lieder. Ein Beispiel dafür ist der Song »You're Driving Me Crazy«, in dem Churchill wegen der Niederlagen durch die deutsche Luftwaffe verspottet wird.
Neben Churchill wurden auch die Kommunisten, die Juden und die USA Ziel der Propagandalieder. In diesen Texten kamen antisemitische und antiamerikanische Botschaften zum Ausdruck, die den Hass der Nazis in leicht verständlichen, melodischen Stücken verbreiteten.
Trotz des Zwecks der Band war das Leben für die Musiker in Charlie and His Orchestra vergleichsweise komfortabel. Sie erhielten gute Bezahlung, erstklassige Instrumente und waren vom Wehrdienst befreit. Für viele Musiker, darunter Halbjuden und "unerwünschte" Personen im NS-Regime, bedeutete die Teilnahme in der Band das Überleben.
Obwohl die Band im Dienste der Nazi-Propaganda stand, gab es Spannungen zwischen den Mitgliedern und ihrem Leiter Charlie Schwedler, der wegen seiner "idiotischen" Texte oft verspottet wurde. Viele Musiker waren jedoch gezwungen, mitzuspielen, um einer Inhaftierung oder Schlimmerem zu entgehen.